Pflegenotstand

Linke Politik lohnt sich – wir bleiben dran

Unsere Kreistagsfraktion beschäftigt sich seit langem mit den komplexen Fragen der Pflege in unserem Landkreis. Als Arbeitsmethodik hat sich bewährt, jährliche Aktionswochen zur Thematik durchzuführen.

Eröffnet wurden unsere Aktionswochen immer mit einer Landtour in unserer Region, die uns einmal mehr die besonderen Herausforderungen der ambulanten Pflege in den ländlich geprägten Räumen verdeutlichte.

Die dabei geführten Bürgergespräche zeigten die große Bedeutung dieser Thematik im öffentlichen Diskurs und die spürbar anerkennende Wertschätzung gegenüber den im Pflegebereich Beschäftigten. Andererseits wurde auch sichtbar, dass viele Bürger große Angst vor Pflegebedürftigkeit haben.

Und diese Sorgen sind berechtigt. Und sie müssen zwingend als Handlungsnotwendigkeiten auf Bundesebene erkannt und realisiert werden.

Das betrifft zum Beispiel

  • die beachtliche Kostensteigerung in der Altenpflege
  • die Pflegeversicherung, die ihre eigentliche Aufgabe verfehlt. Sie gehört reformiert zu einer Pflegevollversicherung, in die alle verpflichtet sind einzuzahlen.
  • Auch bei Fragen der Gestaltung der Infrastruktur dürfen sich Bund und Länder nicht aus der Verantwortung stehlen.

Gesundheitsvorsorge (dazu gehört die Pflege) ist Aufgabe des Sozialstaates und damit Daseinsvorsorge. Deshalb sind dazu auch alle gefordert, Bund, Land und auch Kommunen mit ihrer spezifischen Verantwortung.

In den Hintergrundgesprächen mit den Bürgermeistern z.B. von Stauchitz, Hirschstein und Nossen wurde uns bewusst, dass sie sich sehr wohl ihrer Verantwortung bewusst sind und nach Wegen suchen, die Situation besonders in den ländlichen Bereichen im Interesse der Bürger zu verbessern, aber die gegenwärtigen Rahmenbedingungen ihnen das erschweren.

Die vielfältigen Eindrücke und Erfahrungen der Aktionswoche haben uns zu dem Entschluss geführt, dass die komplexen Fragen der Pflege und deren perspektivische Herausforderungen Thema im Kreistag werden sollen. Dazu haben wir im Mai 2018 einen Antrag gestellt. Aus unserer Sicht sollten dabei folgende Schwerpunkte erörtert werden:

  • Analyse der demographischen Situation in den Kommunen und die Bewertung der gegenwärtigen Pflegesituation
  • Die derzeitige Infrastruktur der Pflege ist auf den Prüfstand zu stellen und Projekte für eine kleinteilige Infrastruktur in den ländlichen Bereichen in Verantwortung der Kommunen sind zu entwickeln. Dabei sollten die Erfahrungen unsere Sparkasse mit dem Projekt „GROSSE EMMA“ Zabeltitz genutzt werden.
  • Wir regten an zu prüfen, welche Möglichkeiten es gibt, die ambulanten Dienste besser territorial zu strukturieren. Lange Fahrtwege mindern die direkte Betreuungszeit.
  • Bei aller Unterschiedlichkeit der Träger unserer Pflegeheime ist es erforderlich, das Aufnahmeprozedere dringend zu qualifizieren. Es ist für Angehörige mehr als belastend und es erschließt sich nicht, warum es keine Stelle gibt, die Kapazität und Auslastung kennt und vermittelnd wirken kann.

Entsprechend unserem Antrag wurde im März dieses Jahres eine Sonderberatung des Sozialausschusses durchgeführt und es fand am 24. September 2019 eine Fachtagung Ländliche Räume „Angleichung der Lebensverhältnisse – eine Herausforderung für die Altenhilfe “ statt.

Die von uns aufgerufenen Themen wurden aus unterschiedlichster Sicht dargestellt. Wie unsere Region im deutschlandweiten Vergleich einzuordnen ist, wurde z. B. anhand des ZDF-Deutschlandatlasses, des Progros-Zukunftsatlasses 2019 und des Teilhabeatlas der Friedrich-Ebert-Stiftung aufgezeigt.

Dabei wurde einmal mehr deutlich, dass die komplexen Fragen der Daseinsvorsorge der Schlüssel für Lebensqualität auch in ländlichen Räumen sind.

Zugleich wurde dabei sichtbar, dass sich neue Fragen der interkommunalen Kooperation aufzeigen, denen wir uns stellen müssen. Das betrifft sowohl Fragen der Versorgung, der Gesundheitsförderung und des altersgerechten Bauens.

Im Ergebnis der interessanten vielfältigen Diskussionen wurde beschlossen, die Hochschule Mittweida mit einer Studie zu beauftragen, die in 5 Kommunen unseres Kreises den realen Bestand analysiert. Dabei geht es um die Erfassung aller Bedarfe und die Ableitung notwendiger Handlungsschritte. Ende 2020 werden diese Arbeitsergebnisse vorliegen und es wird Handlungsempfehlungen für unseren Kreis geben.

Unsere Fraktionsmitglieder werden diesen Prozess aktiv weiter begleiten. Denn es zeigt sich, unsere kommunalpolitische Arbeit mit dem Setzen von inhaltlichen Akzenten wird anerkannt und ist damit für uns alle motivierend.

Bärbel Heym
Fraktionsvorsitzende